Rogier van der Weyden (um 1400 – 1464)
–
Umkreis
Seit dem 14. Jahrhundert gewinnt das Bürgertum zunehmend an gesellschaftlichem Einfluss. Auch Heiligendarstellungen sind nicht mehr den Kirchen vorbehalten, sondern gelangen als mobile Andachtsbilder in die Bürgerhäuser. Das Gemälde aus dem Umkreis von Rogier van der Weyden ist hierfür ein bedeutendes Beispiel. Die Holztafel zeigt die charakteristischen Neuerungen der Altniederländischen Malerei: Detailgenau sind die stofflichen Oberflächen ebenso wie die Plastizität der Figuren und Gegenstände ausgearbeitet. Die Qualität von Malerei und Komposition sprechen unzweifelhaft dafür, dass das Tafelbild im Umkreis van der Weydens entstanden ist. Auch der charakteristische Madonnentypus mit Blumenattribut und die Nischenarchitektur mit Maßwerk verweisen auf den Meister. Zärtlich streckt das Christuskind seiner Mutter mit seiner Rechten eine blaue Blüte entgegen. Diese kann als Ehrenpreis (Veronica) bestimmt werden, der im Mittelalter zu den wichtigsten Heilpflanzen zählt und als „vera unica medicina“, das einzig wahre Heilmittel, mit dem Gottessohn in Verbindung gebracht wird. Als religiöses Symbol steht der Ehrenpreis für Christus als alleinigen Retter der Welt. Dass das Tafelbild ursprünglich zu einem Klappaltar für die private Andacht gehörte, lässt der angedeutete Baldachin am oberen Bildrand vermuten.