Eugène Carrière (1849 – 1906)
Bereits zu Lebzeiten genießt der französische Symbolist Eugène Carrière hohes Ansehen. Er porträtiert zahlreiche seiner Freunde, zu denen neben Auguste Rodin und Paul Gauguin auch Schriftsteller und Dichter wie André Gide und Paul Verlaine zählen Das Neusser Bildnis ist das einzige dieser „portraits intimes“ („intimen Porträts“), das sich im Besitz eines deutschen Museums befindet. Als Carrière den symbolistischen Dichter Charles Morice malt, hat er bereits zu seinem charakteristischen weichen Stil gefunden. In feinsten grau-braunen Abstufungen modelliert er aus der Ölfarbe heraus das männliche Gesicht, dessen Plastizität der Künstler durch einen Helldunkel-Kontrast erreicht. Zudem setzt Carrière als bildnerisches Mittel die Unschärfe ein, die an die altmeisterliche Kunst des Sfumato erinnert. Damit entsteht die Vorstellung eines dunstigen Schleiers, der sich zwischen das Bild und den Betrachter legt. Diese Technik verleiht den Werken Carrières eine zarte Intimität und spiegelt seine Vorstellung der Welt wider, die er als einen Ort begreift, an dem die Dinge nicht getrennt voneinander existieren, sondern miteinander verwoben sind.