Die kulturgeschichtliche Sammlung hat ihren Ursprung im 1845 gegründeten Museum für Alterthümer der Umgebung, dem Vorläufer des Clemens Sels Museums Neuss. Der Bestand umfasst Neusser Bodenfunde vom Jungpaläolithikum bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts sowie Alltagsgegenstände des 16. bis 20. Jahrhunderts.
Der Neusser Raum war schon vor den Römern besiedelt. Dies zeigen archäologische Funde aus dem Stadtgebiet, darunter ein rund 30.000 Jahre altes Messer aus der letzten Eiszeit.
In den ersten Jahrtausenden nach dem Ende der Eiszeit, der Mittelsteinzeit (Mesolithikum), leben die Menschen als Wildbeuter. Feuersteinabschläge und -geräte in der Erde markieren noch heute ihre Lagerplätze in Neuss, so am Norfbach, im Roseller Bruch und in der Hummelbachaue. Um 5.500 vor Christus breitet sich im Rheinland die im Vorderen Orient „erfundene“ Landwirtschaft aus – die Jungsteinzeit (Neolithikum) beginnt. Die ersten Bauern pflanzen Getreide, Bohnen und Linsen an und züchten Rinder, Schafe, Ziegen sowie Schweine. Das Neusser Stadtgebiet wird erst im Mittelneolithikum kolonisiert: Siedlungsplätze sind aus Norf und Rosellen bekannt. Um 2.800 vor Christus finden die ersten Metallgegenstände ihren Weg aus dem Süden an den Rhein, aber erst um 1.800 vor Christus hat sich die Bronze, eine Legierung aus Kupfer und Zinn, als Werkstoff so etabliert, dass man die nun folgenden Jahrhunderte als Bronzezeit bezeichnet. Funde dieser Epoche sind im Neusser Stadtgebiet nur spärlich vertreten. Etwa um 700 vor Christus löst das Eisen die Bronze in ihrer Bedeutung als Werkstoff ab. Funde der älteren Vorrömischen Eisenzeit (etwa 700 bis 500 vor Christus) sind aus Allerheiligen, Reuschenberg, Selikum und Gnadental sowie aus der Neusser Innenstadt bekannt. Am Golfplatz in Norf wurden eine Siedlung und ein Friedhof der älteren Vorrömischen Eisenzeit ausgegraben.
Novaesium, das antike Neuss, ist der älteste römische Militärstandort am Niederrhein. Um das Jahr 30 vor Christus entsteht hier erstmals ein Militärlager.
Etwa 400 Jahre lang bestimmt nun das Militär das Leben in der Region und errichtet in dieser Zeit eine zivilisatorische Infrastruktur, wie sie erst in der Neuzeit wieder erreicht wird. Die frühen Lager in Novaesium sind temporär genutzte Holz-Erde-Befestigungen. Sie dienen als Basiscamps für Militäroperationen im rechtsrheinischen Germanien. Die Varusschlacht im Jahr 9 nach Christus bedeutet das Ende der römischen Expansionsbestrebungen in den linksrheinischen Gebieten. Nacheinander entstehen nun mehrere Lager mit festen Holzgebäuden. In ihnen sind Militäreinheiten ganzjährig stationiert. Um die Lager bildet sich eine Zivilsiedlung, in der Soldatenfamilien sowie Händler und Handwerker leben. 43 nach Christus errichtet man ein neues Lager an der heutigen Erftmündung. Es beherbergt nacheinander die XVI. und die VI. Legion mit ihren Hilfstruppen, jeweils etwa 6.000 Soldaten. Seine Gebäude werden zunächst aus Holz errichtet, aber bald durch Steingebäude ersetzt. Ende des 19. Jahrhunderts gräbt der Neusser Archäologe Constantin Koenen das Lager vollständig aus und schreibt damit Forschungsgeschichte. Als um 100 nach Christus die VI. Legion nach Xanten verlegt wird, gibt man das 24 Hektar große Kastell auf. An seiner Stelle entsteht einige Jahrzehnte später ein Auxiliarlager, in dem eine Reitereinheit von ungefähr 500 Mann stationiert ist. Bis in das 4. Jahrhundert hinein bleibt Novaesium römische Garnison.
An die mittelalterliche Geschichte von Neuss erinnern neben schriftlichen und bildlichen auch archäologische Zeugnisse.
Die Objekte des ehemaligen Neusser Altertumsvereins und der Clemens-Sels´schen Sammlung bilden zusammen mit den von der Bodendenkmalpflege der Stadt Neuss gemachten Funden den Grundstock der Präsentation zur mittelalterlichen Stadtgeschichte. Im 9. Jahrhundert entsteht über den Ruinen der römischen Zivilsiedlung an der Brückstraße ein kleiner Handelsplatz. Die Siedlung am Rheinufer wächst zur Stadt heran und erhält im 12. Jahrhundert eine Stadtmauer. Seit dem 9. Jahrhundert werden in Neuss die Gebeine des Heiligen Quirinus aufbewahrt Der römische Tribun und Märtyrer ist der Stadtpatron und wird als Helfer bei verschiedenen Erkrankungen angerufen. Wegen der im Quirinusmünster aufbewahrten Reliquien entwickelt sich Neuss zu einem bedeutenden Wallfahrtsort. Die erfolgreich abgewehrte Belagerung durch Karl den Kühnen stellt ein weiteres wichtiges Kapitel der Stadtgeschichte dar. Der Herzog von Burgund kesselt in den Jahren 1474/1475 Neuss fast zehn Monate lang mit seinem Heer ein. Zahlreiche Funde von Waffen und Ausrüstungsstücken zeugen von den schweren Kämpfen während der Belagerung. Nicht nur Hinterlassenschaften kriegerischer Ereignisse, sondern auch Zeugnisse des Neusser Handwerks und Handels gehören zur Sammlung des Hauses. Ein vielfältiger Bestand an Keramik- und Glasgefäßen informiert ebenso über Essgewohnheiten und Tischsitten der mittelalterlichen Neusser wie Pflanzenreste und Tierknochen, die bei Ausgrabungen gefundenen wurden.
In der Frühen Neuzeit verliert Neuss an Bedeutung. Im Truchsessischen Krieg bricht 1586 bei der Erstürmung der Stadt durch die Spanier ein Brand aus und legt die mittelalterliche Stadt in Schutt und Asche.
Im Dreißigjährigen Krieg wird Neuss von protestantischen hessischen Truppen besetzt. Für den 1672 von dem französischen König Ludwig XIV. begonnenen Zitadellbau werden zahlreiche Gebäude abgetragen. Die prekäre wirtschaftliche Lage der Stadt verschärft sich. Am Ende der kurfürstlichen Zeit setzt in Neuss ein wirtschaftlicher Aufschwung ein. Er erhält durch die französische Besetzung des Rheinlands im Jahr 1794 zusätzliche Impulse, denn die nun eingeführte Gewerbefreiheit belebt das Handwerk. Der Wegfall vieler Zölle nach dem Anschluss der Rheinlande an das französische Kaiserreich fördert den Handel und lässt Neuss zu einem wichtigen Umschlagplatz für landwirtschaftliche Güter werden. Der Wirtschaftsboom macht die Schaffung eines leistungsfähigen Transportwegenetzes notwendig. 1835 lässt die Neusser Stadtverwaltung den Rheinhafen ausbauen, damit wieder größere Schiffe Neuss anlaufen können. Auch das Straßennetz wird verbessert. 1853 erhält Neuss Anschluss an die Bahnlinie Düsseldorf-Aachen. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts steht ganz im Zeichen der Industrialisierung. Vor allem im Neusser Hafengebiet entstehen zahlreiche Industriebetriebe, die vielen Menschen Arbeit bieten und für einen regen Zuzug aus dem Umland sorgen. Um 1900 leben etwa 30.000 Einwohner in Neuss.